Vorwort/Grußwort
Früh übt sich, wer einmal die Heinkeltechnik verstehen und vor allem damit verbunden, einen Heinkel fahren will. Dieser junge Mann wusste nicht nur was er wollte; er zeigte sich wissbegierig und hatte ein hohes Maß an technischem Verständnis. Das war nicht nur ein gemeinsames Schrauben, sondern ein ständiges Frage- und Antwortspiel. Langeweile kam bei den vielen Stunden gemeinsamen Schraubens nicht auf. Bei Tjark ist mir um den „Heinkel-Nachwuchs“ nicht bang.
Johannes B. HCD 07135, zugleich Heinkelfreunde Kiel und drumrum
Einleitung: Wie alles begann!
Als wir in der Familie im Dezember 2017 für den 77. Geburtstag meines Opas ein Fotoalbum zusammenstellten, fiel mir ein Bild von Opa in jungen Jahren auf, das ihn lässig auf einem Heinkel Roller zeigt.
Auf dieses Bild angesprochen, strahlten Opas Augen und er berichtete stolz von seinem Heinkel Tourist 103 A2 und den vielen Ausflügen, die er gemeinsam mit Oma in den sechziger Jahren auf diesem Roller unternommen hatte.
Im Laufe des Jahres 2018 besprachen wir in der Familie meinen Wunsch, einen alten Heinkelroller selbst zu restaurieren und begannen nach den Sommerferien im Internet zu recherchieren. Wir berechneten den voraussichtlichen Zeitaufwand und die möglichen Kosten. Diese beiden Faktoren hatten wir jedoch gründlich unterschätzt.
Zum Jahresende 2018 war es dann soweit! Wir hatten über die Heinkelszene im Netz jemanden gefunden, der mir beim Restaurieren mit fachlichem Rat zur Seite stehen und der mit entsprechender Werkstatt und Werkzeug ausgestattet, mich bei meinem Projekt begleiten wollte.
Als Halbjahresarbeit Form halber festgehalten, war mir klar, dass so ein Projekt in diesem Zeitraum kaum machbar war. Ich konnte aufgrund der weiten Entfernung in die Werkstatt von Johannes B. (mein „Heinkelmeister“) in Stoltebüll (Kreis SL/FL) oftmals nur an den Wochenenden und in den Ferien an meinem Projekt arbeiten. Dorthin musste ein Elternteil mich bringen und wieder abholen. Aus diesem Grund hatte ich bereits im November 2018 mit allem begonnen. So wurde aus meiner Halbjahresarbeit eine Jahresarbeit. Dieses Vorgehen war mit meiner Klassenlehrerin abgesprochen.
Arbeitsbericht
Es begann Mitte November 2018. Wir schauten uns in den sozialen Medien nach Informationen über Heinkel Roller um. Auf der Seite „Heinkelfreunde Kiel“ fanden wir einen Kontakt, den wir anschrieben. Unser Anliegen wurde weiter geleitet an zwei „Maschinisten“, dass ein 13-jähriger Junge einen Heinkel restaurieren will und dabei Hilfe benötigt.
Kurz darauf meldete sich Johannes B. Er lud uns zu einem ersten Informationsgespräch zu sich nach Hause ein. Johannes hatte sich für mich und meine Mama vorbereitet. Er hatte schon vieles recherchiert und erzählte von den Stolpersteinen, die auf mich zukommen werden. Er erwartete Durchhaltevermögen und bot mir an, mein Mentor zu sein.
Wir sprachen über die Kosten- und den Arbeitsaufwand sowie über die Möglichkeit der Veröffentlichung des Projekts in der "Heinkelinfo", verbunden mit einem Inserat in gleicher Info, dass ein Heinkel für ein Schulprojekt gesucht wird. Zwei Wochen später saß ich mit meinem Vater im Kreise des Stammtisches der Kieler Heinkelfreunde, erklärte mein Projekt und fühlte mich toll aufgenommen.
Mitte Dezember 2018 hatte Johannes einen 103 A2 in seiner Kieler Gruppe gefunden, den wir dann auch nach Absprache ankauften. Johannes holte ihn ab und brachte ihn in seine Werkstatt. So sah er ja ganz gut aus, mein neuer Roller, doch was steckt in Ihm?
Ich konnte es kaum erwarten, erstmals „meinem Heinkel“ Auge in Auge gegenüber zu stehen und die ersten Arbeiten anzufangen.
Noch vor Weihnachten war ich zum ersten Mal in der Werkstatt und zerlegte mit Johannes den A2. Wir bauten alle Blechteile ab und die Teile, die ich zusammen mit Opa aufarbeiten konnte. Die nahmen wir auf dem Heimweg mit. Zu Hause half mir Opa, der mir eine große Hilfe war; er freute sich mit mir und an meinem Projekt!
Während wir in der Werkstatt schraubten, machten wir immer eine Bestandsaufnahme und Notizen, welche Mängel aufgefallen sind und repariert werden müssen. Die Kosten dafür wurden dabei grob eingeschätzt.
Johannes fertigte zu jeder „Schrauberaktion“ einen „Werkstatttagesbericht“ , so dass wir immer auf dem aktuellen Stand waren. Ich profitierte dabei auch davon, als ich meinen Bericht für die Schule fertigte.
Bis zum 01.04.2019 hatten wir den gesamten Roller bis zur letzten Schraube komplett zerlegt. Alle Teile wurden dabei sortiert und möglichst gleich gereinigt und aufgearbeitet. Zwischenzeitlich hatte Johannes zwei „Gartenfunde“ (A1 und A2) als Ersatzteilträger aufgekauft. Jeweils brauchbare erforderliche Teile sollten bei Bedarf für meinen Heinkel Verwendung finden. Das Ergebnis der Demontage war ernüchternd; es versprach noch viel mehr Arbeit als gedacht! Die Mängelliste war lang und den Motor hatten wir ja noch nicht zerlegt.
Aus den Osterferien wurden „Schrauberferien“, bei denen wir uns hauptsächlich um die Technik gekümmert haben.
Wir zerlegten den Motor und erlebten weitere „Überraschungen“, auf die ich hier nicht näher eingehen will. Zur Reparatur der defekten Abtriebswelle mit Lager mussten sogar beide Motorteile auseinander genommen werden. Johannes erklärte mir die Ursachen und die Auswirkung und warum wir hier Neuteile vom Club brauchten.
Die Reparatur der Lichtmaschine hatte ein Schrauberfreund von Johannes übernommen. Er hat diese überholt und später selbst eingebaut. Teile reinigen war meine Hauptaufgabe, die Arbeit eines Lehrlings eben. Deshalb war ich für Johannes der „Heinkellehrling“! Dafür gab ich ihm den Namen „Heinkelmeister“.
Die Teil-Montage des Motors und die Teilreparatur des Getriebes übernahm Johannes, da er dazu nicht abgelenkt werden wollte. Ich konnte aber durch Zuschauen noch viel lernen und verstehen.
Beginn einer „Schrauberpause“ bis zum 29.07.2019. In dieser Zeit wurden alle von mir und Opa aufgearbeiteten Blechteile in einer Autolackiererei fachmännisch nach meinen Wünschen lackiert. Ich hatte mich für die Original Heinkelfarben "enzianblau" und "perlweiss" entschieden.
30.07.2019 Ein besonderes Datum, weil die Gesamtmontage begann. Wir brachten die lackierten Blechteile zu Johannes; super Arbeit des Lackierers, sagte er.
Wir komplettierten alle Blechteile mit dem passenden Zierrat, gingen die Elektrik an und bauten den gesamten Kabelbaum ein sowie alle Bowdenzüge.
Es war eine Freude, den Roller zu einem Heinkel wachsen zu sehen. Teil für Teil aus den sortierten Kisten ergaben eine Einheit und ich erfreute mich über den gelungenen Test der gesamten elektrischen Anlage.
Im August war dann die überholte Lichtmaschine, als letztes Teil des Motors, fertig und wurde von Klaus S. in den Motor eingebaut.
Der letzte Montageschritt stand bevor. Die Antriebsschwinge mit rechter Motorhälfte machte den Motor komplett und einbaufertig. Mitte September bauten wir gemeinsam den Motor ein, Johannes hatte extra dafür auf mein Dabei sein gewartet. Wir machten anschließend vor seiner Werkstatt einen ersten Testlauf. Welch ein Ton!! Den musste ich meinen Eltern vorführen! Als sie kamen, um mich abzuholen, ging es zuerst in die Werkstatt. Mein Heinkel stand fertig auf der Hebebühne und strahlte uns alle an! Ich glaube, wir waren alle sehr stolz!
Unsere Arbeit haben wir durch einen Gutachter bewerten lassen. Der A2 hat die Gesamtnote 2 erhalten und wurde mit einem Wert von annähernd 4000,00 Euro eingeschätzt.
Im November 2019 holten mein Vater und ich den Heinkel auf dem Anhänger nach Hause. Nun steht mein ganzer Stolz zu Hause in unserem Wohnzimmer.
Fazit
14 Jahre alt bin ich während dieses Projektes erst geworden. Eine lange Zeit muss ich noch auf meinen Führerschein warten, um mein Traumroller zu fahren. Zwischenzeitlich wird er von meinen Eltern und Opa hier und da bewegt, denn sie haben den Führerschein dafür.
Wie sich Heinkelfahren anfühlt hat mir Johannes schon gezeigt. In seinem Gespann habe ich eine tolle Ausfahrt rund um die schöne Schlei erleben dürfen.
Wie gesagt, es hat viel Mühe gekostet, natürlich auch eine Menge Geld. Doch Träume gibt es nicht umsonst.
Die Präsentation in unserer Schule ist mittlerweile erfolgt; ratet mal vor welchem „Schulprojekt“ sich die längste Schlange wegen einer Besichtigung gebildet hat?
Wem sage ich Danke:
- Meinen Eltern und Großeltern wegen der gesamten Unterstützung und der vielen gefahrenen Kilometer über das gesamte Jahr 2019.
- den Heinkelfreunden Kiel für die Hilfe, dabei vor allem meinem „Heinkelmeister“ Johannes für Rat und Tat über das lange Jahr 2019 und die dabei aufgekommene Freundschaft.
- dem Heinkelclub Deutschland für die Unterstützung wegen der Anzeige in der Info und der unentgeltlichen Aufnahme als Mitglied im Heinkelclub.
Euer Tjark Newiger HCD 09675
Schüler der 8. Klasse der Freien Waldorfschule Elmshorn