Die Firmen ‚SIBA’ und dann auch ‚BOSCH’ haben uns seinerzeit diese sehr kompakte 12-Volt Dynastartanlage beschert. Daß sie heute, nach etwa 60 Jahren, grösstenteils immer noch funktionieren, zeigt sowohl die alte Qualität als auch die historisch-technische Wertschätzung, die wir Heinkelfreunde dieser Technik beimessen und entgegenbringen.
Auf das ‚Innere Teil’, den feststehenden Stator mit seinen Erreger- sowie Starterspulen, bin ich in einem Bericht bereits eingegangen. Das ‚äussere Teil’, der Rotor oder Anker, gleichzeitig unsere Schwungmasse, ist als Dynamoblech-Paket gebaut und mit einem Radialkollektor ausgestattet. Letztgenanntes Teil wird auch als ‚Stromwender’ oder ‚Kommutator’ bezeichnet. Dies ist prinzipiell eine Vorrichtung zur Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom.
Meine Erfahrung ist, daß diese Rotoren sehr selten einen direkten elektrischen Schluss der Wicklung gegen Masse zeigen. Auch ist mir noch kein Rotor mit verbrannten bzw. überhitzten Kupferdrähten untergekommen. Der eine spezielle Fall, in dem das rechte Kurbelwellenlager stark gesackt, also das Rillenkugellager als auch der Lagersitz dazu defekt war, hatte allerdings Beides bewirkt-, jedoch nicht aus Gründen der elektrischen Überlastung.
Was kann nun vorbeugend an einem Rotor getan werden?
>>> -zuallererst reinigen und nochmals reinigen- <<<
ausblasen, nochmals reinigen, dann bei gut 90°C austrocknen. Als Waschflüssigkeit hat sich bei mir das (4-T) Alkylat-Benzin recht gut bewährt. Es ist auch als ‚Forstbenzin’ bekannt.
Um den jeweiligen Zustand des Rotors zu erkennen, lässt sich der elektr. Widerstandswert zwischen Kollektor und Masse, VOR und NACH der Reinigung / Trocknung als Hinweis verwenden. Ein zuletzt erreichter Wert im MegOhm Bereich kann als ein gutes Zeichen gewertet werden.
Der Abrieb / Staub der ‚Kohle’bürsten stellt ein gut leitendes Substrat dar, besonders in Verbindung mit Feuchtigkeit, bzw. Wasser. Dieses Substrat, auch im Inneren auf der Kollektor-Rückseite zu finden, wird den elektr. Widerstandswert negativ beeinflussen, evtl. sogar zu Kriechstromstrecken führen.
Es erscheint also sinnvoll, den Rotor zu zerlegen. Dies ist bei dem ‚SIBA’ Rotor noch gut realisierbar, indem die grosse Schlitzmutter mit einem Spezialschlüssel gelöst und abgenommen wird.
Um Blechpaket und Trägerdeckel zu trennen, müssen die 6 Stück M4,5 Gewindeschrauben herausgedreht werden. Hier ist ein gut passender Schlagschrauber angesagt. Ein Umwickeln des Wicklungskopfes mit Gewebeklebeband ist hierbei zum Schutz der Wicklung sehr angebracht.
Trennt man nun beide Teile, hat man die Rückansicht des Kollektors sowie ein Isolierpapier aus den 1950/60er Jahren vor sich, incl. Bürstenabrieb.
Es heisst also wieder: Waschen-Ausblasen-Waschen usw.
An vielen Rotoren, ‚BOSCH’ wie ‚SIBA’ konnte festgestellt werden, daß die lose eingelegte Isolierfolie, begünstigt durch Feuchtigkeit und Rost, bereits el. Ströme / Kriechströme zwischen Masse und hinterem Wicklungskopf zugelassen hatte.
Dieses Bild zeigt die innere Isolierung aus ‚historischem’ Isoliermaterial. Die linke Isolierung gehörte wohl zum Fahrzeug eines Sporttauchers.
Hier ein Bild eines Rotordeckels mit Brutzelspuren:
Offenbar konnte der innere Wicklungskopf, evtl. begünstigt durch langanhaltende hohe Drehzahlen und entsprechenden Fliehkräften, nach aussen auswandern. Da sich die Wicklungsköpfe nicht ohne negativen Folgen rückverformen lassen, wurde der Deckel 0,2mm ausgedreht und vor der Montage eine passend zugeschnittene neue Isolierzwischenlage aus modernem und hochwertigem ‚NOMEX-410’ Isoliermaterial eingelegt.
Hier unten im Bild bei einem Bosch-Rotor.
Beide Wicklungsköpfe werden mit PU-Klarlackspray behandelt. Daß dieser zum Teil in die Wicklungsnuten hineinläuft ist eher ein willkommener Nebeneffekt, immer eine gute Reinigung / Spülung / Trocknung vorausgesetzt.
Zurück zum Kollektor:
Das Abdrehen / Planen des Kollektors sollte nur im Extremfall durchgeführt werden. Solange es vertretbar erscheint, die Lamellen nur mit ‚Scotch’-Schleifgewebe oder feinem Schmirgelleinen polieren / abziehen. Einige Punkte sprechen gegen vorschnelles oder unnötiges Abdrehen / Planen:
- Der Rotor muss in der Drehmaschine genauestens ‚laufen’; das ist eine Arbeit für einen gut ausgerüsteten Fachmann; Eine gefertigte und genaulaufende Aufnahme ist hierfür notwendig,
- Das Drehen von Kupfer, und hier noch mit einem langen Drehwerkzeug / Drehmeissel, ist ebenfalls nur etwas für Fachleute;
- Die Lamellen des Kollektors haben an der Bürstenlauffläche eine Stärke von nur 3 Millimetern; wech ist also wech..,
- Wo bleiben beim Drehen die Kupferspäne?? Können sie nach der Bearbeitung nicht kpl. entfernt werden, besteht die Gefahr eines elektr. Windungs- oder Masseschlusses.
- Der Deckel mit dem Konus muss zur Entfernung der Cu-Späne dann auf jeden Fall entfernt werden.
Der Isolier- und Haltekörper der einzelnen Kupferlamellen besteht hier aus gebundenem Glimmer, ein gesteinbildendes Mineral aus der Gruppe der Schicht-Silikate, nicht sehr hart, elektrisch gut isolierend und temperaturfest bis >600°C. Zwischen den einzelnen Lamellen werkeln im Betrieb nur kleine elektrische Spannungen. Trotzdem müssen die Zwischenräume frei von Metallpartikeln und Bürstenabrieb sein. Mit einem passenden Werkzeug lassen sie sich bis zum Glimmer herunter gut auskratzen.
Ist der Rotor auch innen gut gereinigt, lässt sich die Wicklung, bzw. der eingelegte Kupferdraht, in den Nuten zwischen der Nuten-Isolation, erkennen.
Hier kommt es nun vor, daß Metallpartikel, z.B. Reste eines zerbrochenen 3mm Federringes der Kohlehalterbefestigung, in einer Nute stecken und die Gefahr eines el. Masseschlusses besteht.
(Bem: Gerne dürfen diese 3mm Federringe an der Kohlehalterbefestigung gegen 3mm Schnorr-Scheiben ausgetauscht werden, diese können in ‚Haushaltsmengen’ auch bei mir geschnorrt werden…)
Also auch diese Nuten gut freihalten und ggfs. mit einer weichen VA-Drahtbürste reinigen, bzw. Metallpartikel entfernen. Dieses innere Blechpaket / Nuten lackiere ich dann ebenfalls mit PU-Klarlackspray. Selbstverständlich ist der Kollektor von diesem Lack penibelst freizuhalten.
Diesem unserem Stromwender und den dazugehörigen Bürsten kann ein unbeschwerteres und längeres Dasein beschert werden wenn:
- …die Lichtmaschine wenig Strom liefern muss, die angegebene max. Abgabeleistung liegt bei 90 Watt. (Kontrapunkt ist hier leider unser wichtiges ‚Taglichtfahrgebot’, also auch die oft von 35 Watt auf 55/60Watt umgerüsteten Hauptscheinwerfer.)
- …der Motor flott und möglichst schnell anspringt. Der Startvorgang zieht etwa 45 Ampere. Dieser hohe Strom lässt’s zwischen Bürsten und Kollektor funken, verschleisst also Bürsten sowie Kollektor.
- …die Bürstenqualität stimmt. Unsere Bürsten bestehen aus einer rel. weichen Spezial-Sinterbronze.
- ...die maximale Bürstenbetriebszeit nicht ausgereizt wird.
Trotz gutem Kollektor und guten sonstigen Bedingungen strebe ich eine Bürstenerneuerung nach etwa 20.000 km an. Mit einem Bürsten-Tausch nach bereits 15.000 km sollte man auf der sicheren Seite sein. Immer gute weitere Bedingungen vorausgesetzt. Diese Angaben basieren auf eigenen Erfahrungen, stellen keine Empfehlung dar und sind auch ohne jegliche Gewähr.
Alles Gesagte trifft sowohl auf ‚BOSCH’ als auch ‚SIBA’ zu, ausser der
Demontage von Wicklungspaket und Konusdeckel.
Hersteller ‚BOSCH’ hat die Ringmutter aus Vereinfachungs- und Kostengründen hinwegrationalisiert und anstelle dessen beide Teile mittels einer speziellen Verpressung miteinander verheiratet. Wollen wir nun beides wieder separieren, müssen diese Pressmarken entfernt werden. Dies lässt sich recht gut mit einem Diamantschleifstift bewerkstelligen. Entfernen der Marken mit einem spez. Drehmeissel ist ebenfalls ein Weg.
Hier wird’s nun allerdings kritisch: Bekomme ich den Stahl-Schleifstaub auch wieder gut heraus? (Ich setze einige starke Permanentmagneten hinein, die halten den grössten Teil des Schleifstaubes fest..) Danach, wie üblich, Auswaschen, ausblasen usw usw.
Leider wird nun nach dem Zusammenfügen des Wicklungspaketes mit dem Konusdeckel der Innenring bzw. die Rückseite des Kollektors nicht mehr definiert an das rückwärtige Teil angefügt, wie es vorher bei der Verpressung der Fall gewesen ist. Der Kollektor wird nun möglicherweise nicht mehr ‚rundlaufen’, er schlägt. Insbesondere kann er im Betrieb anfangen zu schwingen.
Dieses ‚Schwingen’ oder ein ‚Seitenschlag’ der Radialfläche des Kollektors durch unsachgemässes Abdrehen / Einspannen in der Drehmaschine kann ein Springen der Bürsten hervorrufen. Dieses wiederum reduziert die Leistungsabgabe der Lima. Strombelastungen reduzieren dann die Spannung rel. stark. Einstellversuche am Regler werden ziemlich vergebens sein…! Bürstenfeuer (Funkenentladungen..) am Kollektor stellt / stellen einen veränderlichen elektr.Widerstand dar, lassen also keinen kontinuierlichen Stromfluss zu, produzieren leider auch unerwünschte Wärme und Abriebpartikel.
Um zumindest das ‚Schwingen im Betrieb’ zu vermeiden, füge ich beide Teile mit einer kleinen Menge ‚Stabilit-Express’ zusammen. Dieser Kleber wird auch bei den auftretenden Betriebstemparaturen nicht plastisch, bzw. elastisch.
Eine Beobachtung soll hier noch einfliessen. Beim Aufsetzen des Rotors auf den Konus-Stummel der Kurbelwelle wird dieser Konus, vermutlich als angedachten Rostschutz, von manchen Schraubern mit Fett bestrichen. Dies sollte eher vermieden werden. Beide Konusflächen sollten hingegen fettfrei sein.
Die hochfeste M-10 Sechskantschraube wird lt. Vorgabe mit etwa 65Nm angezogen. Nach einem ‚liebevollen’ Schlag mit einem Kupferhammer auf die Frontseite des Rotors (Auflage des Lüfterrades..) ’setzt’ sich die Konusverbindung und mit eingestelltem Drehmomentschlüssel lässt sich die Schraube nun wieder einige Winkelgrade drehen bis zum Wiedererreichen des o.g. Wertes.
(Die älteren SIBA-Typen mit M-8 Sechskantschraube werden hier nicht beschrieben)
Hier noch ein Bild eines fertigen Bosch-Rotors. Aufgrund guter elektr. Werte wurde er nicht zerlegt. Die Verpressung beider Hauptteile unten lässt sich gut gut erkennen. Es muss ja zumindest einmal etwas ‚Schönes’ gezeigt werden!
So sieht’s aus, wenn Fa. Bosch und Fa. Siba sich bei mir am Basteltisch treffen und über die guten alten Zeiten palavern. Bild unten. (..klar, daß der rote Lack auf der Lüfterauflage vor der Montage entfernt wurde..)
Doch, natürlich hat’s mir wehgetan, einen Rotor zu zerstören, um einen ‚Schnitt’ dieser Partie (s.o.) zeigen zu können. Allerdings war das Teil tatsächlich nicht mehr zu retten. Glaubt’s mir doch einfach!
Also, liebe Heinkelfreunde, auch mal an Euren treuen Begleiter, den Dynastart unter Euch, denken. Er wird sich mit elektrischer Treue bedanken!
Ohne ihn ist Alles Nix!
Allzeit Gute Fahrt und immer ein paar Milliampere mehr als benötigt!
Klaus (HCD-03072)